Thursday, December 26, 2013

El viejito pascuero - Weihnachten in Chile und im Kinderheim



Weihnachtszeit im Kinderheim - Imagepflege und soziale Verantwortung

Die Adventszeit ist da, Weihnachten rückt immer näher und die Unternehmen werden langsam wach. Weihnachtszeit - die Zeit der Nächstenliebe. Da muss man wieder seine soziale Verantwortung wahrnehmen...



Eine Woche vor Novemberende ging es also los. Bei der morgendlichen Tee-Besprechungsrunde lag der Aktivitäten-Kalender auf dem Tisch. Während die letzten vier Monate ab und zu mal eine Schulklasse zur Kinderbelustigung vorbeikam, tummeln sich  in den Wochen vor Weihnachten Unternehmen über Unternehmen, die Süßigkeiten herankarren, Weihnachtsmann spielen und die Kinderbelustigung übernehmen. 4-5 Termine pro Woche stehen an.

So hatten also schon Mitte/Ende November die ersten Unternehmen den Weihnachtsmann im Schlepptau. Während sich die Kinder im Innenhof versammelten und die Aufregung und (ja!) Hitze mit einem Eis bekämpft wurde, schlüpfte einer der Mitarbeiter der Firma in unserer Bibliothek schnell in ein Weihnachtsmannkostüm. Kaum vor der Tür gingen der Ansturm und das Geschenkeverteilen auch schon los. Mit 80 Kindern!

So oder ähnlich sah es in den letzten Wochen fast jeden Tag aus. Popcorn, Zuckerwatte, Hüpfburgen, Geschenke und Unmengen an Süßigkeiten.
Chilenische mittelständische Unternehmen, internationale Riesen oder die freiwillige Feuerwehr.. momentan geben sich hier alle die Klinke in die Hand.

Für die Kinder ist es eine nette Abwechslung. Auch wenn der Spuk dann am 23.12  schon wieder schlagartig aufhört.

Hört sich alles super an. Und im Allgemeinen ist es das natürlich auch. Dennoch gibt es leider auch hierbei ein paar Punkte die besser sein koennten.



Schade ist zum Beispiel, dass die Unternehmen etwas an den Bedürfnissen des Kinderheims vorbeizielen.

Unterhaltung und Geschenke – super für die Kinder. Haufenweise Süßigkeiten – nicht. Und dabei bin ich keineswegs der Meinung, dass Kinder keine Süßigkeiten essen sollten. Es gibt nur leider viele Dinge die hier fehlen, nur Süßigkeiten nicht. Kiloweise Chips und Kekse bekommen wir nämlich wöchentlich neu angeliefert. Für gutes Mitarbeiten, fürs Sportmachen, ja fürs mal nicht allzu schlecht Aufführen gibt es als Belohnung…Süßigkeiten. Und dann handelt es sich nicht um einen Keks, nein, dann bekommt der der 4-Jährige gleich die ganze Chips oder Kekstüte in die Hand gedrückt. Und das ist die Alltagssituation. Jetzt kommen allerdings jeden Tag noch Unternehmen. Neben Eis, Zuckerwatte und Popcorn gibt es für jedes Kind eine Tüte voll Schokolade, Kekse, Chips und Bonbons.
Obst und Gemüse gibt es hingegen so gut wie gar nicht. Ab und zu grüne Salatblätter. Obst… naja wenn gerade mal mehr Geld da ist, alle 2 Wochen einen Apfel pro Kind.

Und es geht natuerlich nicht allen primär um die Kinder.
            Imagepflege – gut und schön. Wenn die Unternehmen wirklich etwas für die Kinder auf die Beine stellen und am Ende des Tages die Fotos von der Veranstaltung auf ihrer Homepage veröffentlichen ist daran ja gar nichts auszusetzen. Schade ist es dann nur wenn sich ein multinationales Unternehmen wie Starbucks anmeldet, mehrere Stunden zu spät kommt, die Muffins so oft zerteilt werden wie nur möglich und der Kakao gerade eben den Boden der Tassen bedeckt. Aber die Fotos, die auf der Homepage oder sonst wo landen werden, sehen bestimmt super aus!



Und ansonsten… Weihnachtsstimmung? Nicht so richtig!
Da fehlen definitiv kaltes Wetter, Weihnachtsmärkte, Glühwein und Weihnachtsplätzchen.
Weihnachtsmusik bei 30 Grad und amerikanisch-weihnachtlich geschmückte Malls schaffen da definitiv keine Abhilfe. Aber was soll‘s.


Unsere momentan Kleinste - 1 Monat alt


Weihnachten, Weihnachten
Ja, Weihnachten gibt es also auch in Chile. Welch Überraschung in einem Land in dem circa 63 Prozent der Bevölkerung der katholischen Kirche und immerhin 15 Prozent der Protestantischen angehören.
Und abgesehen vom Wetter gibt es auch keine allzu großen Unterschiede.

Es kommt ebenfalls der Weihnachtsmann (traditionell gekleidet in rot mit Fellmantel, dicken Stiefeln und Mütze). Dass Badehose und Schwimmreifen bei über 30 Grad deutlich angebrachter wären und der Arme vermutlich einen Hitzschlag bekommt, wird dabei geflissentlich übergangen.
Eine chilenische Besonderheit ist zudem sein Name. Während der Weihnachtsmann im Rest der spanischsprachigen Welt als Papá Noel, Santa Claus oder San Nicolás bekannt ist,  bringt in Chile der „viejito pascuero“ die Geschenke. Und anstatt „Feliz Navidad“ wünscht man sich oftmals auch ein „Feliz Pascua“. Pascua heißt, wie alle Spanischkenner gemerkt haben werden, Ostern und nicht Weihnachten.
Da koennte man sich glatt die Frage stellen, was hier in der Geschichte verwechselt worden ist...
Bis jetzt konnte mir leider auch noch niemand die Frage wirklich beantworten. Aber mal sehen. Vielleicht findet sich ja noch jemand.
Heiligabend ist ebenfalls genau wie in Deutschland. Traditionell geht man in die Messe, es gibt ein Weihnachtsessen und am 24.12 abends die Geschenke.

Was es nicht gibt:
Adventskränze
Adventskalender
Nikolaus
Weihnachtskekse
Schnee
Ausstechformen für Plätzchen
Gluehwein

Stattdessen gibt es natuerlich einige andere Dinge. Das traditionelle weihnachtliche Gebäck ist „Pan de Pascua“ (Osterbrot/Weihnachtsbrot). Dabei handelt es sich um einen Gewürzkuchen mit getrockneten Früchten und Nuessen. Getrunken wird dazu „Cola de Mono“(Affenschwanz- nicht wörtlich zu nehmen). Dies ist ein Kaffee-Sahne Getränk mit Schnaps.


Damit also ein
Feliz Pascua - Fröhliche Weihnachten

von ganz Koinomadelfia





Monday, December 16, 2013

Eine Präsidentin für Chile



Bereits am 17.11.2013 fanden die Präsidentschaftswahlen in Chile statt. Zu übersehen war dies im ganzen Land nicht. Sämtliche Laternen- und Strommäste, Mauern und freien Plätze sind seit Wochen mit den übergroßen und absolut unchilenischen Gesichtern Michelle Bachelets und Evelyn Mattheis zugekleistert. Die Favorisierung und Gesinnung des jeweiligen Straßenzugs lässt sich dabei nur zu gut am unerklärlichen Verschwinden der gegnerischen Wahlplakate erkennen. Und auch im Fernsehen fehlen die Werbespots der Kandidaten natürlich nicht.

Am 17.11.2013 traten 9 Kandidaten zur Präsidentschaftswahl an.
Unter ihnen Michele Bachlet (des Mitte-Links Parteienbündnises "Nueva Mayoría"), Evelyn Matthei (des konservativen Parteibündnisses "Alianza por Chile"), Enriquez Ominami (Linkes Fortschrittsbündnis PRO) und Franco Parisi (unabhängiger Kandidat des rechten Bündnisses).
Bei einer Wahlbeteiligung von 49% erhielten Michele Bachelet 46,74% und Evelyn Matthei 25,02% aller Stimmen. Dabei war diese Wahl etwas ganz Besonderes: zum ersten Mal bestand keine obligatorische Wahlpflicht.  Bis zu diesem Jahre standen beim Nichtwählen Geldstrafen an.

Mangels absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang fanden nun gestern am 15.12.2013 die Stichwahlen in Chile statt. Trotz absolut verstopfter Straßen gingen lediglich 5,2 Millionen von 13,5 Millionen Wahlberechtigten zu den Urnen. Dies sind gerade mal 40%. Gewonnen hat die Wahl mit 62,1% Michele Bachelet, die 62-Jährige Sozialistin und Kandidatin der Koalition „Nueva Mayoría“. Sie war bereits 2006 bis 2010 die erste Staatspräsidentin Chiles bis sie vom momentanen konservativen Präsidenten Sebastián Piñera abgelöst wurde. Evelyn Matthei erhielt lediglich 37,8% der Stimmen.

Ab März 2014 hat Michele nun also vier Jahre den Kampf gegen die soziale Ungleichheit fortzuführen. Zu ihren Hauptwahlversprechen gehören der Umbau des Bildungswesens, eine Steuerreform und eine neue Verfassung.


Bildung ist extrem teuer. Chile hat in Relation zum Einkommen die höchsten Studiengebühren der Welt. Universitäten kosten bis zu 5000€ im Jahr. Der chilenische Mindestlohn liegt bei circa 315€. Bei bis zu 5 Jahren Studium können sich dies viele nicht leisten. Auch wenn es einige Stipendienprogramme gibt und die Studienkredite niedrig verzinst sind verschulden sich Immatrikulierte und ihre Familien jahrelang. Deswegen protestieren die chilenischen Studenten nun schon seit über 2,5 Jahren für kostenlose Bildung. Aufsehen erregte nicht nur die massive Gewalt mit der die Polizei gegen Demonstranten vorging, sondern auch Ausschreitungen seitens der Studenten.
Das momentane Bildungssystem stammt noch aus der Diktaturzeit Pinochets die 1973 ihren Anfang nahm. Dieser führte ein  radikal neoliberales Wirtschaftssystem ein und privatisierte unter anderem das Bildung- und auch das Gesundheitssystem. So ist heute leider der Zugang nicht nur zur Bildung, sondern auch zu guter medizinischer Versorgung extrem teuer.

Monday, December 9, 2013

Adoption, Familienannäherung, Patenschaften - wo die Zukunft der Kinder liegt


Das Jahr neigt sich dem Ende zu!
Hier in Chile beginnen Ende diese Woche für die ersten Kinder die Sommerferien. Das bedeutet nicht nur 3 Monate Ausspannen von der Schule, sondern auch viele Abschiede und Neuankünfte hier im Kinderheim. Während natürlich im Laufe des Jahres immer wieder Kinder in Adoption gehen und auch neue Kinder entweder aus anderen Kinderheimen oder direkt aus den Familien zu uns kommen,  gibt es für einige Kinder am Ende des Jahres die Möglichkeit zu ihrer leiblichen Familie zurückzukehren. Die Freunde und Aufregung dieser Kinder lässt sich quasi mit Händen greifen!

Im Allgemeinen gibt es drei Möglichkeiten, wie die Zukunft der Kinder aussehen kann: die Familienannäherung, die Adoption und die Patenschaften.

Familienannäherung – Acercamiento Familiar
Die mit Abstand erfreulichste Lösung für die Kinder ist die Rückkehr zu ihren Familien. Circa 15 Kinder  warten hier momentan darauf wieder mit ihren Verwandten leben zu dürfen. Dabei handelt sich nicht unbedingt um die Eltern, sondern häufig um Großeltern oder Tanten und Onkels, die die Vormundschaft für die Kinder zugesprochen bekommen.
Der Prozess der Familienannäherung ist, wie das Wort bereits suggeriert, ein langer.
Nach gerichtlicher Zustimmung müssen sich die Familienmitglieder bereit erklären über mehrere Monate hinweg wöchentlich mit den Psychologen des Kinderheims zu arbeiten. Daraufhin folgen Treffen mit den Kindern im Kinderheim. Während das Areal des Kinderheims dafür viel Raum sowie gute Möglichkeiten zum Spielen oder Picknicken bietet, kann hierbei zudem der Umgang mit den Kindern beobachtet werden. Gegen Ende des Prozesses ist es den Kindern des Weiteren gestattet die Wochenenden mit ihrer Familie zu verbringen. Es ist kaum in Worte zu fassen wie die Kinder schon Tage vorher voller Vorfreude fragen, wie lange es denn nun noch dauere bis seine/ihre Eltern kämen und dann am entsprechenden Tag im Hof stehen und auf ihre Eltern warten.
Umso trauriger ist es diese Kinder enttäuscht zu sehen. Zu oft kommt es vor, dass Eltern einfach nicht  auftauchen, nie mehr etwas von sich hören lassen und ihre Kinder scheinbar vergessen haben.
Jorge z.B. lebt hier im Kinderheim und hat quasi keine Familie mehr. Der Vater darf ihn nicht besuchen, weil er ihn vergewaltigt hat, von der Mutter fehlt jede Spur, und sein Großvater ist zu alt um ihn zu sich zu nehmen oder ihn auch nur mal zu besuchen.
 Wie schnell sich zudem die Pläne ändern können zeigt ein aktueller Fall von 5 Geschwistern im Alter von 3 bis 13 Jahren. Ihre Mutter hatte vor einigen Monaten beschlossen ihr Leben zu regeln und den Prozess der Familiennäherung einzuleiten. Nach regelmäßigen Treffen mit den Psychologen und mit ihren Kindern im Kinderheim, durften die Kinder die letzten Wochenenden bei ihr zu Hause verbringen. Eigentlich war für Ende des  Jahres die endgültige Rückkehr zu den Eltern geplant. Dies wurde jetzt kurzfristig abgesagt, da die Mutter unter anderem die letzten Wochen nicht mehr aufzufinden war. Für die Kinder gibt es absolut nichts Schlimmeres!
Dennoch geht es jetzt am Ende des Jahres für einige Kinder zurück zu ihren Familien.  Passend zum Beginn des neuen Schuljahres wechseln sie ihren Wohnort. Ihre Plätze müssen allerdings zunächst hier freigehalten werden. Es kommt leider immer wieder vor, dass Kinder aufgrund von neuen Vorkommnissen oder Rückfällen der Eltern (zu Alkohol, Drogen oder
der Kriminalität) zurückkehren.

Adoption
Eine weitere Lösung, die angestrebt wird wenn eine Familienzusammenführung nicht mehr in Frage kommt , ist die Adoption.  Die Adoptionen, die sowohl auf nationalem Level als auch auf internationalem Level stattfinden, laufen dabei allesamt über die staatliche Organisation Sename. Sie ist zugehörig zum Justizministerium und koordiniert sämtliche Angelegenheiten der Kinder, die per Gerichtsbeschluss nicht mehr bei ihren Eltern leben können. Nachdem die Kinder also bereit sind sich auf neue Eltern einzulassen und von Sename freigegeben worden sind, geht die Suche nach Adoptiveltern los. Wurden diese gefunden, geht es mit der psychologischen Vorbereitung der Kinder weiter. Per Fotos lernen sie ihre neue Familie, ihr neues Zuhause und eventuell ihr neues Land kennen. Nach Abschluss der monatelangen Vorbereitung findet bei uns im Kinderheim ein erstes Zusammentreffen mit den neuen Eltern statt. 2 weitere Tage müssen die Kinder noch im Kinderheim bleiben bis sie zusammen mit ihren neuen Eltern in eine Wohnung in Santiago ziehen können. Dort müssen die nächsten 4 Wochen zusammen verbracht werden bis die Ausreise offiziell erlaubt ist.  
Vor kurzem hatten wir das Glück 2 Brüder verabschieden zu dürfen. Manuel und José (Namen geändert) trafen Mitte November zum ersten Mal ihre neuen Eltern. Zur feierlichen Begrüßung hieß es für uns Freiwillige erst einmal fleißig Blumendeko basteln und daraufhin den Empfangsraum mit Blumen, Möbeln und Knabbersachen herzurichten. Die Eltern wurden von Manuel und José mit Küsschen, Umarmung und einem „Ich liebe dich, Mami“ begrüßt. Da waren auch direkt die Sprachbarrieren vergessen. Für die Beiden geht es nämlich nach Italien. Besonders schön ist hierbei nicht nur, dass die beiden Geschwister nun zusammen bleiben dürfen, (meistens wird nur eine Adoption innerhalb des gleichen Landes garantiert, nicht aber dieselbe Familie) sondern auch, dass obwohl Manuel mit 6 Jahren das Adoptionsalter bereits überschritten hatte, er nun doch eine neue Familie gefunden hat.  



Patenschaften
In der Regel endet das adoptionsfähige Alter mit 5 Jahren. Für alle Kinder, die dieses Alter überschritten haben, werden daher Patenschaften angestrebt. Gleiches gilt natürlich auch für die Kinder, die keinen Besuch von der Verwandtschaft bekommen, und dennoch nicht zur Adoption freigegeben sind. Als Ersatz kommen Paten. Dies sind Ehepaare, die die Kinder besuchen, mit ihnen spielen, reden oder auch Ausflüge machen.